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AutorenbildRoland Wiednig

Abenteuerwandern auf der Isla Bonita, La Palma.

Aktualisiert: 30. Mai 2023


Alles ist gepackt. Mein 6 Jahre altes abgenutztes Zelt muss nochmal herhalten. Sonst bin ich zufrieden mit meiner Ausrüstung. Wenig, aber das Wenige hat sich bisher bewährt. Auf Gaskocher verzichte ich dieses Mal. Nur kalte Verpflegung während der Wanderetappen. Auch kein Tee oder Kaffee. Mit Haferflocken und Thunfisch habe ich gute Erfahrungen gemacht. Bei der Verpflegung und beim Wasser muss ich aufs Gewicht achten. Ich muss ja alles mitschleppen. Wenn man mit 15 Kg am Rücken 2400 Höhenmeter raufklettern soll wird das Essen plötzlich nebensächlich. Ich bin über jedes Gramm froh, dass im Supermarkt bleibt und nicht in den Rucksack gewandert ist. Große Portionen warmer Speisen gibt's dann in den Ortschaften wieder. Auf geht`s, von Österreich über Teneriffa auf die Isla Bonita, La Palma, 18 Monate nach dem Vulkanausbruch. Dort wartet eine herausfordernde Abenteuerwanderung auf mich.

Start Faro de Fuencaliente am südlichsten Punkt der Insel. Vor mir liegt der El Baston wie hier auf La Palma der GR 131 Trail genannt wird. Vor mir liegen somit auch 4 Tage alpines und hochalpines Trekking, 72 Km, 4600 Höhenmeter Steigung, 15 Kg Rucksack, keine Verpflegungsmöglichkeiten und nur 3 Wasserstellen die nicht gesichert sind.

Meist handelt es sich dabei nur um Regenwasser aus Zisternen. Die Qualität ist demnach unbestimmt. Das wird spannend.







Tatsächlich ist das Wasser die größte Herausforderung wie sich zeigen wird. Ich starte mit 4 Liter Wasser, 18 Müsli Riegel, 200 Gramm Nüssen, 100 Gramm Cracker und einer Banane von Faro de Fuencaliente. Der erste Tag hat es gleich in sich. Über 2000 Höhenmeter. Vom Wasser war abends beinahe nichts mehr übrig. Allerdings habe ich am nächsten Tag nur noch wenige Stunden bis zur ersten Wasserstelle beim Refugio del Pilar, ein offizieller Rastplatz.

Dieser erste Tag und auch noch der nächste führten mich durch den Parque Natural de Cumbre Vieja. Jenes Gebiet in dem der gleichnamige Vulkan vor 1 1/2 Jahren ausgebrochen war. Es ist ein unglaublicher Anblick, wenn man das immer noch rauchende Loch im Vulkangebiet von La Palma sieht. Eine Nächtigung beim Refugio del Pilar ist nach wie vor verboten, da durch den Rauch die Luft dort immer noch sehr CO2 geschwängert ist.


Insgesamt erscheint diese Region fantastisch und unwirklich. Ein Vulkankegel reiht sich an den anderen. Alles schwarz durchsetzt mit rot-gelben Schattierungen und dazwischen, so als hätte die Natur dieser fremdartigen Landschaft einen Strich durch die Rechnung machen wollen, Kiefern mit hellgrünen Nadeln. Ein irrer Kontrast.





Die erste Nacht schlage ich mein Zelt auf 1850 Höhenmeter an einem Grat auf und habe Sicht auf die östliche und westliche Küste mit den Nachbarinseln Teneriffa, La Gomera und El Hierro (einer meiner besten Zeltplätze auf all meinen bisherigen Abenteuerwanderungen über insgesamt 5000 Kilometern). Ich genieße einen wunderschönen Sonnenuntergang. Noch bevor der Sternenhimmel sichtbar war ich bereits eingeschlafen. Am nächsten Morgen erlebte ich einen, mit allen möglichen Orangetönen schattierten Sonnenaufgang.




Weiter gehts über Vulkangebiet zum Refugio del Pilar. Ein riesiger menschenleerer Rastplatz mit (endlich) Wasser. Geruch und Geschmack waren nicht sehr einladend. Aber mir blieb nichts anderes übrig, als mit dem Vorlieb zu nehmen, was nun mal vorhanden war. Glücklicherweise habe ich mir noch in Österreich Tabs zur Wasserentkeimung besorgt. Sie verändern zwar nicht den Geschmack, verringern jedoch das Risiko einer Vergiftung enorm.


Nach Pilar verändert sich die Landschaft extrem. Schroffer, felsiger, höher, ausgesetzter. Ich merke, dass ich die Ruta de los Volcanes (Vulkanroute) hinter mir habe. Ich befinde mich jetzt auf der Ruta de la Crestería, dem Höhenkammweg des Nationalparks Caldera de Taburiente, dem Kraterrand eines sehr sehr alten und riesigen Vulkans der vor Millionen Jahre La Palma formte und prägte. Trittsicherheit und Schwinderfreiheit waren nun gefragt.










Höhepunkte waren,

die einzigartige Selbstversorger Hütte Refugio Punta de Los Roques,

der höchste Punkt am Los Muchachos mit 2420 Metern,

die grandiosen Aussichten auf die Küsten im Westen und Osten und auf die Nachbarinseln Teneriffa, La Gomera und El Hierro,

die unvergesslichen Sonnenauf- und untergänge,

der Sternenhimmel der berühmt ist für seine Klarheit (eines der weltweit wichtigsten Sternenobservatorien befindet sich dort),

die Einladung zum besten Dinner seit Wochen, gekocht von Erik am Gaskocher im Refugio Punta de Los Roques,

der 1 1/2 tägige Grat-Abstieg vom Los Muchachos zum Playa de la Tazacorte und

der anschließende Sprung in den Atlantik am wunderbaren und beinahe menschenleeren Strand von Playa de la Tazacorte. Ein anstrengendes und tolles Abenteuer und ein überwältigendes Naturerlebnis!


Euer Roland Wiednig

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