top of page

Abenteuerwander auf La Gomera, der mystischen Insel




Kurz vor der Hafeneinfahrt von La Gomera ließ die Fähre ihr Horn ertönen, so als wolle sie uns, eine handvoll Passagiere, ankündigen. Bei aller Vorfreude die aufkam, war mir dennoch der Abschied vom sonnigen Süden Teneriffas und seiner Unbeschwertheit schwer gefallen.

Aber jetzt war ich hier. Angekommen auf einer der Kanaren Inseln die für mich etwas Unbekanntes, ja fast schon Mystisches darstellte. Von Teneriffa aus sichtbar aber meist von Wolken und Dunst verhüllt. Erzählungen über La Gomera waren häufig mit Superlativen verbunden. Was wird mich dort erwarten, fragte ich mich. Schon bei der Anfahrt war erkennbar: Diese Insel ist wie jede der Kanarischen Inseln wieder etwas Besonderes und Einzigartiges. Das zeigte sich schon am Hauptstädtchen San Sebastian de La Gomera mit seinem ganz speziellen Charm.





Man hatte das Gefühl als wäre es ein Treffpunkt für Abenteurer und Aussteiger. Es war auch tatsächlich so, dass trotz der geringen Zahl an Passagieren, bereits auf der Fähre auffiel, dass der Anteil der Personen, die mit großen Rucksäcken und Wanderschuhen unterwegs waren, wesentlich größer war, als auf allen anderen Überfahrten. Der Anstrich des Abenteuers und des Extremen wurde durch die, aktuell in San Sebastian startende, Talisker Whiskey Atlantik Challenge nochmals intensiver. Ein Ruderrennen über den Atlantik, das in dem Städtchen San Sebastian genau an dem Tag startete, an dem ich dort meine Wandertour begann.

Insgesamt machte diese Mischung aus Extremsportlern, Abenteurern und Alternativtouristen, gepaart mit der Beschaulichkeit eines Ortes, der die Charakteristik eines Bergstädtchens hat, diesen ganz besonderen und unbeschreiblichen Charm aus. Es freute mich, das miterleben zu dürfen und ein Teil davon oder vielmehr mittendrin, nicht nur dabei zu sein.

Am nächsten Tag, kurz nach Tagesanbuch, die Sonne ging etwa um 07:30 Uhr auf, startete ich nach einem ausgiebigen Frühstück meine Abenteuertour.


Die Kalorienzufuhr, das sei an dieser Stelle auch erwähnt, ist von großer Bedeutung. Ich verbrauche an den Wandertagen zusätzlich mindestens 2000 Kcal zu meinem normalen Verbrauch. Es gelingt mir selten dieses Kaloriendefizit auszugleichen, weshalb meine Wanderhose auch nur mehr mit einem Gürtel an meinen Hüften zu halten war.

Nach diesem wichtigen Frühstück konnte mich nun nichts mehr halten. Neugier und Vorfreude waren groß. Den 16 Kilogramm schweren Rucksack (inklusive Wasser) umgeschnallt und los ging es. Gleich von Beginn an steil ansteigend, anfangs noch auf den engen Straßen von San Sebastian, dann auf schmalen Gravelroads und später auf schroffen Wandersteigen. Stetig bergauf nur ganz selten kurze Abstiege, die aber sofort wieder wettgemacht werden mussten. Noch in Küstennähe, war das Land karg. Je weiter ich ins Landesinnere kam umso grüner und vielfältiger wurde die Vegetation und umso dichter und dunkler wurden die Wolken. Manchmal war ich von einer Art leichten und ganz feinen Sprühregen umgeben der angenehm kühlte, mich aber nicht durchnässte.

Unwirkliche Felsformationen, Palmen, Kakteen, mir gänzlich unbekannte Sträucher und Bäume umgaben mich. Die Vegetation wurde immer dichter und irgendwann befand ich mich mitten im Zwielicht eines Regenwaldes mit moosbewachsenen Bäumen, hoher Feuchtigkeit und unbeschreiblichen Vogelgezwitscher. Wunderschön und nicht von dieser Welt. Ich war glücklich. Ein unbeschreibliche Gefühl.





Am höchsten Berg von La Gomera, dem Alto de Garajonay auf 1487 Meter Höhe, schlug ich mein Zelt in der Dunkelheit auf. Es war bereits sehr kalt und ich war froh, als ich in meinen Schlafsack schlüpfen konnte und schlief trotz der frühen Abendstunde (es war 19:00 Uhr) sofort ein. In der Nacht wurde ich gegen 02:00 Uhr munter. Wie immer ließ ich diese Gelegheit nicht aus um den unglaublichen Sternenhimmel zu betrachten. Der schmale Mond war bereits untergegangen und es gab weit und breit keine künstliche Lichtquelle. Fantastisch! Das muss man gesehen haben! Eine unglaubliche Fülle an Sternen und Lichtschleier, die vermutlich von anderen Galaxien stammen. Wie klein wir Menschen doch sind.

Mehrere Vorboten des angekündigten Meteorschauers der Geminiden, der eine Nacht später seinen Höhepunkt fand, konnte ich auch beobachten. Ebenso war der auf La Palma ausgebrochen Vulkan Cumbre Vieja erkennbar. Ein roter Fleck am nächtlichen Horizont. Die Kälte trieb mich zurück ins Zelt und ließ mich erneut in einen tiefen Schlaf fallen.


Nach einem traumhaften Sonnenaufgang über der Wolkendecke, die den Nordwestlichen Teil der Insel bedeckte, ging es mit Sack und Pack weiter.





Es war ein ständiges auf und ab. Nicht sehr überraschend bei der Topografie von La Gomera. Und es machte trotz der Anstrengungen großen Spaß. Der Rest der Tour verlief immer wieder durch kleine Ortschaften und aufregende Landschaften. Einfach wunderschön.

Wie kann man so viele einzigartige Eindrücke und Erlebnisse in so kurzer Zeit verarbeiten?


Trotz der langsamen Fortbewegung ging mir alles viel zu schnell. Ich stürzte von einem Highlight ins nächste. Ich kam mir vor wie in einem Wunderland mit strahlend blauen Himmel.

Nach 41 Km und 2100 Höhenmetern kam ich in Vallehermoso, dem Ziel meiner Tour an. Ein öffentlicher Bus brachte mich mit einer einstündigen, spektakulären Fahrt zurück nach San Sebastian. Dort vergönnte ich mir noch einen Badetag und schrieb diese Zeilen am beinahe menschenleeren schwarzen Sandstrand während ich die Sonne genoss.

Die letzte halbe Stunde, bevor ich am nächsten Tag zum Fährhafen marschierte, verbrachte ich, noch in der Dunkelheit der zu Ende gehenden Nacht, in einem der wenigen bereits offenen kleinen Cafés. Ein Sammelpunkt für jene, die sich vor ihrem Tagewerk noch einen Espresso vergönnten. So saß ich unter den spanischen Frühaufstehern bei bereits angenehmen Temperaturen in der Dämmerung und dachte mir: Das Leben ist schön!



bottom of page