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AutorenbildRoland Wiednig

Kanaren - 7 Inseln von Küste zu Küste

Aktualisiert: 17. Mai 2023



Mein neues Wanderabenteuer!


Die Planungen für mein neues Wanderabenteuer über 560 Kilometer durch die 7 Kanarischen Hauptinseln Teneriffa, Gran Canaria, Lanzarote, Fuerteventura, La Palma, El Hierro und La Gomera sind abgeschlossen.

Für mich sind solche Abenteuerwanderungen etwas ganz Besonderes. Und ich freue mich schon sehr auf den Start in wenigen Tagen.


Diese Wanderabenteuer haben für mich eine unglaublich entschleunigende und regenerierende Wirkung, die meinem Geist, meinem Körper und meiner Seele guttut. Sie geben mir, in einer für mich zunehmend als irritierend empfundenen Welt mit vielen Krisen Stabilität und Sinn.

Nun werden viele fragen: Welchen Sinn?


Für mich liegt der Sinn in der Einfachheit und Reduktion. Beides schafft in meinem Bewusstsein Klarheit.

Etwa eine Pause zu haben von den, zum Teil selbst geschaffenen und sehr fordernden Problemen unserer Wohlstandsgesellschaft.

Oder die Reduktion auf die einfachste, natürlichste und langsamste Art der Fortbewegung. Auch die Achtsamkeit gegenüber der Natur.

Und die wenigen aber sehr intensiven sozialen Kontakte.

Oder auch die vielen abenteuerlichen Erlebnisse, der Sternenhimmel, die Auseinandersetzung mit dem Sein uvm.


Jeder einzelne dieser Punkte, und es gäbe noch einige aufzuzählen, hat großes Potential im Hinblick auf die von mir eingangs angesprochene psychische Regeneration.

Gleichzeitig trainiere ich meinen Körper und übe mich in Bereichen wie Kreativität und Flexibilität, muss täglich mehrmals meine Komfortzone verlassen und oft Neuland betreten, wodurch ich lerne und mich weiterentwickelte.


Und...es macht Spaß und verursacht eine Flut angenehmer Empfindungen.

Das empfinde ich für mich, neben einem guten Leben mit Kindern, Familie und Freunden, als sinnstiftend und bereichernd.



Der Start


Nach einigen Herausforderungen und einer ungemütlichen, schaflosen Nacht in der Abflugshalle am Flughafen Malaga bin ich bei 23 Grad Celsius und Sonnenschein in Arrecife, auf der Insel Lancarote angekommen. Ich bin von der Beschaulichkeit der 60tausend Einwohner Stadt etwas überrascht. Wenig Verkehr und wenige Touristen - wunderbar.


Ich setze mich auf ein altes abgewittertes Holzbänkchen an der Promenade von Arrecife, blicke auf das Meer hinaus und genieße die Sonnenstrahlen. Dabei denk' ich mir: Es ist wie im Traum!

Es ist der 3. Tag meiner Reise. Ich komme in Orzola, am nördlichsten Punkt von Lanzerote, dem Start meiner Wanderung, an. Von hier aus, werden Überfahrten zur kleinen vorgelagerten Insel La Graciosa mit ihren wunderbaren Stränden angeboten. Ich könnte mir vorstellen, dass es hier in der Hauptsaison wesentliche turbulenter zugeht.

Ich genieße den Abend in einem der 3 Restaurants des ruhigen Örtchens und lerne unter den wenigen Touristen, einige Reisende kennen, die es aus verschiedensten Gründen an diesen kleinen Ort verschlagen hat und denk' mir wieder:... wie im Traum...!



Lanzarote


Wer durch die wilde und nahezu unberührte Natur wandert, reist auch in seine eigene innere Wildnis. In die ungezähmte und überwältigende Welt der eigenen Emotionen. Schon bei den ersten Schritten erfasste sie mich. Ein Cocktail an Endorphinen wird ausgeschüttet und jagt mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Meine innere Wildnis machte sich bemerkbar und schärft meine Achtsamkeit. Ein unglaublich gutes Gefühl. Ich schreie, ich lache und spüre mich selbst auf eine intensive, einfache, fast primitive Art und Weise.


Die Spärlichkeit der Vulkanlandschaft auf dieser Insel hatte eine unglaubliche Kraft. Die Reduktion der Farbenvielfalt machte diese Insel beachtenswert und eindrucksvoll. Schattierungen von Braun- und Grautönen werden unterbrochen von wenigen ganz intensiven grünen und gelben Farbklecksen die sich beim Näherkommen als Palmen oder Kakteen entpuppen. Und im Hintergrund das Meer wie es blauer nicht sein könnte. Da die Insel nicht sehr groß ist, ist das Meer mein ständiger Begleiter. Mal rechts und mal links tauche es in meinem Blickfeld auf und macht mir bewusst, dass ich auf diesem trockenen Eiland umgeben bin von Wasser.

Die kleinen malerischen Dörfer sind weiß. Jedes Haus ob klein oder groß. Lediglich bei den Türen und Fensterläden scheint ein farblicher Spielraum erlaubt. Und es ist überall beeindruckend sauber. Zigarettenstummel sucht man hier vergeblich und auch sonst ist in dieser Landschaft und diesen Dörfern kein Platz für achtlos weggeworfen Müll.

Die 3tägige Wanderung durch Lanzerote ist für meine österreichisch geprägten Sinne ungewöhnlich und fremdartig. Eine unwirkliche Landschaft. Nun genieße ich verdienterweise Bett und Dusche in Playa Blanca, der Touristenmetropole von Lancarote.





Meine Tipps für Besucher sind, das Dörfchen Orzola, ganz im Norden von Lanzarote und Ausgangspunkt für einen Besuch der vorgelagerten Insel La Graciosa. Die bezaubernde ehemalige Hauptstadt Tenguise und die großen Lavafelder im Süden der Insel.





Für alle die es genau wissen wollen: 70 Kilometer, 1370 Höhenmeter, 15 bis 16 Kilogramm Rucksackgewicht (je nach Wasservorrat), 106365 Schritte, 4665 verbrauchte Kalorien.



Fuerteventura


Eine Eigentümlichkeit meiner Reise - für mich jedenfalls - ist es, dass mit jeder Insel das Wanderabenteuer neu startet. Es beginnt mit dem Weg übers Meer, beziehungsweise bereits mit dem Betreten des Fährschiffes. Jede Insel der Kanaren soll anders sein habe ich bereits von einigen Kenner erfahren. Mal sehen was mich erwartet. Adios Lanzarote, Hola Fuerteventura.




Alles ist ein wenig größer, lauter und turbulenter. Die Häuser sind nicht mehr ganz so weiß und imposant wie auf Lanzarote. Fuerteventura ist wilder und ungezähmter. Der afrikanische Kontinent ist nur ca. 200 Km entfernt und somit um ein vielfaches näher als der europäische und damit auch Spanien, dem die Kanaren angehören.

Ich habe erstmalig bei meinen Weitwanderungen mit Blasen an den Füßen zu kämpfen. Ich hadere damit, die Marke meiner Wanderschuhe gewechselt zu haben. Die vielen Blasen Pflaster machen sich bezahlt. Noch ist es auszuhalten.

Im Landesinneren, abseits der Stadt Corralejo, in der ich mit der Fähre von Lanzarote ankam, wird es ruhig. Auf meinem Wegen finden sich immer wieder geschützte Raststellen, nach einer Seite offen, mit Stroh gedeckt, windgeschützt, die sich als ideale Rastplätze anbieten. In der 2. Nacht teilte ich einen solchen mit 2 niederländischen Radfahrern, die an einem Ultra Trail Radmarathon durch die Kanaren teilnehmen und sich knappe 4 Stunden Schlaf gönnten.

Ganz anders als ich. Bei mir war ausschlafen angesagt, ich hatte Zeit und genoss das Leben abseits von Zeitmessung, Terminen und Stress. Übrigens, all jenen mit Schlafproblemen rate ich zu solchen Abenteuern. Ich schlafe jede Nacht mindestens 9 Stunden.

Die Landschaft von Fuerteventura ist mit der von Lancarote vergleichbar. Vielleicht etwas weniger Vulkankegel und mehr Gebirgsketten, etwas weniger Grautöne, die die Landschaft dominieren und etwas mehr Braun- und Rotbraunschattierungen. Auch hier sind kleine mit Palmen bewachsen Oasen ein intensives Farberlebnis in der endlosen Vulkanlandschaft.





Wann immer ich auf Menschen treffe, habe ich das Gefühl nicht zu entsprechen. Nach 3 oder 4 Tagen ohne Dusche, verstaubt, verschwitzt und verfiltzt, würde es mich nicht wundern, wenn sich manche naserümpfend abwenden würden. Aber nein, das Gegenteil ist der Fall. Obwohl ich als Weitwanderer wohl zu einer kaum wahrnehmbaren Spezies gehöre - ich habe bisher noch keine Gleichgesinnten getroffen - können die Einheimischen wie auch die wenigen Touristen gut mit verstaubten und stark riechenden Zeitgenossen umgehen.


Ein Highlight auf Fuerteventura ist Ajuy, ein kleines an der rauhen Westküste der Insel gelegenes Dorf und eines meiner Ziele abseits meines Trail Vorhabens, ein Extra, wenngleich mich auch dorthin meine Beine tragen mussten. Die Höhlen von Ajuy, weswegen der Ort bekannt ist, seine Ruhe und Beschaulichkeit, der schwarze Sand und der tosende Atlantik, der hier ungebrochen auf Land trifft, waren alles gute Argumente für diese Extra-Tour. In diesem kleinen Fischerdorf gönne ich mir für 2 Nächte ein Zimmer um zu rasten, die Höhlen zu besuchen, gut zu Essen und im Atlantik zu schwimmen.

Während ich diesen Beitrag schreibe, sitze ich in einem kleinen Café des Örtchens, mit Blick auf den schwarzen Strand und die wilden Wellen des ungezähmten Atlantik. Ich denke mir: Wir leben auf einem unfassbar schönen Planeten. Keine Anstrengung sollte uns zu groß sein, um uns das Erleben dieser Natur auch weiterhin zu ermöglichen. Wahrscheinlich gehört in Zukunft die Einschränkung solcher Reisen zu meinen Anstrengungen.

164 Km durch Fuerteventura in 8 Tagen. Von Corralejo im Norden bis nach Faro de Jandia im Süden. Ich muss sagen, es war sehr anstrengend, vielseitig, wild, exotisch und schön.

Am Anfang sieht man nur die Kargheit der Insel, die auch ihre Wildheit ausmacht. Bei näherer Betrachtung erkennt man jedoch die Vielseitigkeit der Landschaft in dieser Kargheit. Schroffe und felsige Gebirgsketten, Vulkangestein, kilometerweite Dünenlandschaften, Sandwüsten, abwechslungsreiche Wanderpfade, schwarze, graue, goldene zum Teil menschenleere Traumstrände, Wellen, Surfer, Aussteigerlifestyle - all das gibt es hier. Und auch Nachtschwärmer kommen auf ihre Kosten. Was will das Herz mehr.


Nachdem ich von Ajuy aufgebrochen war, ging es auf einer anstrengenden Tour über die Berge nach La Pared. Ein Surferzentrum mit einer einzigartigen Life & Fun Atmosphäre, die mich sofort packte. 2 winzig kleine Cafés und ein Minimarkt. Sonst gab's im Ort keine Lokale oder Einkaufsmöglichkeiten. Allerdings einen unglaublichen Strand, eingerahmt von Steilklippen. Das Meer rauscht hier mit großer Wucht und großen Wellen ans Land. Im Meer warteten unzählige Surfer auf ihre Welle. Untergebracht war ich, wie könnte es anders sein, in einer sehr unkomplizierten und unkonventionellen Surfschule gemeinsam mit 8 anderen, die mich alle herzlich aufnahmen. War extrem cool dort.

Nach La Pared ging es dann mehrere Stunden durch eine Sandwüste wie man sie nur aus Filmen kennt. Das allein war schon außergewöhnlich. Nicht genug der Ungewöhnlichkeiten: Auf der Sandoberfläche waren endlose Mengen versteinerter kleiner Schnecken- und Muschelgehäuse gemeinsam mit Überresten von Korallen verstreut. Gerade so, als wären sie vom Himmel gefallen. Ich habe mir erklären lassen, dass, wie andere Teile der Insel auch, diese Wüste einst durch die Kraft der Vulkane aus dem Meer gehoben wurde und dieses Phänomen seither erhalten blieb.

An diesem Tag verließ ich die Westküste und wanderte Richtung Osten. Da die Insel an dieser Stelle nicht besonders breit ist erreichte ich die Ostküste noch am selben Tag und sie erwartete mich in Form eines goldgelben, breiten, lagunenförmigen Strandes. Bei diesem Anblick vergaß ich den Regen, der mich schon den ganzen Tag begleitete.

Strand, Bucht, Meer und Wellen waren die nächsten 35 Kilometer bis Faro de Jandia meine Weggefährten. Dort, am südlichsten Punkt von Fuerteventura verbrachte ich meinen vorläufig letzten Abend und eine windige Nacht auf dieser Insel. Ein fabelhaftes, wildes und ungezähmtes Land.






Gran Canaria


Um meinen ersten Eindruck mit zwei Worten zu beschreiben: Große Überraschung! Las Palmas, die Hauptstadt, ist eine Metropole mit einem Hafen, der mit den großen Europas mithalten kann, einem pulsierende Leben, unglaublich viel Verkehr, einem Strand mit allem was dazu gehört. Urbanes Urlaubsfeeling - eine Stadt die sich sehen lassen kann und die ich so nicht erwartet hätte.

Da mein Trail in Maspalomas, im Süden der Insel startete und dann durch die Berge in den Nordwesten bis nach Agaete verlief, fuhr ich mit dem Bus zu meinem Ausgangsort. Maspalomas ist bekannt für eine unglaubliche Dünenlandschaft, die ich mir natürlich ansehen wollte. Aber dieses Naturschauspiel trat vor einem, meiner Meinung nicht sehr schmeichelhaftem Phänomen, in den Hintergrund. Mir ist schon klar, dass ein Urlaub auf den Kanaren etwas mit Konsum und Kauf zu tun hat. Man kauft einen Flug, bucht ein Hotelzimmer oder Appartement, kauft Geschenke für die Famienmitglieder und Freunde. Aber hier in Maspomas werden Konsum und Einkaufen auf die Spitze getrieben. Naturschönheiten, wie die Sanddünen, treten in den Hintergrund oder sind für viele maximal Nebenschauplätze. Einkaufen wird zum Erlebnis erkoren, weshalb die Shoppingcenter nicht wie solche aussehen, sondern wie große Erlebnisparks, die Erfüllung verheißen. Sorry, ich weiß, das ist sehr kritisch. Ich möchte nur hervorheben, dass hier kein Einkaufswunsch unerfüllt bleibt, unabhängig davon, wie es am Bankkonto aussieht. Die Touristen als Cashcow. OK, viele wollen es scheinbar so, sonst würde es diese unüberschaubaren "Erlebniswelten" nicht geben.


Ich hakte Maspalomas schnell ab und startete meine Wanderung durch Gran Canaria vom Leuchtturm (Faro de Maspalomas) am Strand Richtung Norden. Die Berge begannen unmittelbar nach der Stadt. Das war nicht unerwartet da die wunderschöne Bergkulisse von der Stadt aus unübersehbar war. Ich hatte strahlendes Wetter bei ca 25 Grad Celsius. Herrlich, eine tolle Wandertour kündigte sich an, bei der es genau um diese Eigenschaften ging: herrlich und sehr fordernd. Ein großer Canyon öffnete sich und der Wandertrail verlief an der rechten Wand des Canyons, sodass mir immer ein fantastischer Ausblick auf die Talsohle beschert war. An den Stauseen in Avagaures vorbei, begannen dann Kiefernwälder, die immer dichter wurden.







Mein Ziel an diesem Tag war San Bartolome de Tirajana. Das schaffte ich jedoch nicht, weshalb ich mir in der Natur einen Platz für die Nacht suchen musste, was nicht einfach war, weil es kaum ein Stück ebenen Boden gab. Mein Suchen wurde belohnt, und ich fand ein Plateau auf ca. 700 Meter Seehöhe mit freier Sicht auf den bereits zurückgelegten Weg. Bei Sonnenaufgang war das ein fantastischer Ausblick, der zwei Stunden später in San Bartolome mit einem ausgiebigen Frühstück gekrönt wurde. Auch dieser Tag war voll mit Sonnenschein und Naturschönheiten und brachte mich auf eine Seehöhe von 1700 Meter.





Am 3.Tag, am Morgen, schug das Wetter um. Regen, Kälte, schlechte Sicht und extremer Wind. Ab diesem Zeitpunkt wurde es sehr anstrengend und durch den Wind auch schwierig. Manche Passagen musste ich, auch wegen der nassen Felsen, sehr konzentriert meistern. Ich ließ mich auf keine Unsicherheiten ein und kam zum Glück nie in die Situation über ein Umkehren nachdenken zu müssen. In Tamadaba, einem großen, freien und unbewirtschafteten Camp und Rastplatz mitten im Wald, verbrachte ich als einziger Besucher eine sehr ungemütliche Nacht in meinem Zelt. Am nächsten Tag ging es 1200 Höhenmeter bergab nach Agaete, meinem Ziel auf Gran Canaria, wo ich um die Mittagszeit ankam und mich dem abenteuerlichen Charm des ungeschminkten und sehr reizvollen Ortes hingab. Leider bekam ich dort keine Unterkunft, sonst wäre ich länger geblieben. Agaete steht ganz ober auf meiner Liste der Orte, die ich wieder besuchen möchte. Außerdem habe ich noch beinahe 2 Tage mit den Bergen offen, die durch Regen, Nebel und Wind getrübt waren.

Mit den ersten zaghaft durch die Wolkendecke blinzelnden Sonnenstrahlen ließ ich meine, am schwarzen Kiesstrand von Agaete ausgebreitete nasse Ausrüstung so gut es ging trocknen und nahm ein erfrischendes Bad im Atlantik während ich auf die Fähre nach Teneriffa wartete.

Diese Wanderung hat mir das wahre Gran Canaria gezeigt. Abseits von Maspalomas und Co. Wer diese Seite nicht gesehen hat, kennt die Insel nicht. Sie ist eine wilde und abenteuerliche Naturschönheit. Die 77 Km und 3160 Höhenmenter hatten es in sich. Genauso wie das Wetter.

Gran Canaria, ich habe deine schönen, wunderbaren und auch deine heftigen, wilden Seiten kennengelernt. Ich komme sicher wieder.


Geheimtipp: Mountain Hostel Finca La Isa, Tejeda, Gran Canaria.



Teneriffa


MeineAbenteuerwanderung durch Teneriffa, von La Esperanza im Norden, durch das Landesinnere, den Teide Nationalpark gekrönt vom höchsten Berg Spaniens bis in das Städtchen Arona im Süden der Insel, war meine bisher anstrengende und herausfordernste.




Die Route verlief, wie auch die bisherigen auf Lanzarote, Fuerteventura und Gran Canaria, auf dem GR 131 Weitwanderweg, der durch alle 7 Kanarischen Inseln (Hauptinseln) führt und ein Teil des europäischen Weitwandernetzes (E7) ist. 95 Kilometer und 3800 Höhenmeter die es in sich hatten.

Auf den ersten 80 Kilometer gab es keinerlei Einkehr- oder Unterkunftsmöglichkeiten mit Ausnahme des sündteuren Alpinresorts Parador, das allerdings 4 Km abseits meiner Route lag und für mich ohnehin nicht in Frage kam. Der Umstand der Spärlichkeit war für mich zugegebenermaßen überraschend und verlangte mir eine Menge an Planung ab. Überraschend deshalb, weil die Route La Caldera und El Portillo, zwei zu dieser Jahreszeit sehr wenig besuchte Ausflugsspots kreuzte, an denen ich zumindest eine eingeschränkte Möglichkeit der Nahrungsmittelaufnahme erwartet hätte. Auch Wasser gab es nur aus den Wasserhähnen der Toilettenanlagen. Aber besser als nichts. Meine umsichtige Planung, nämlich die Mitnahme von Desinfektiinstabletten, machte sich hier bezahlt.

Nach sehr herausfordernden 80 Kilometern und drei zum Teil sehr kalten Nächten im Zelt - meine Wahl des Schlafsackes und der Bekleidung reichte für diese Temperaturen gerade noch - war jede noch so einfache Unterkunft eine Luxussuite. Ich freute mich über meine im Bergdorf Vilaflor. Essen, Trinken, Duschen und "Wunden lecken" war angesagt.

Bei dieser Tour habe ich bei Minusgraden im Teide Nationalpark gefroren und die Sonne in Meeresnähe genossen. Ich hatte Eiszapfen auf meinem Zelt und mein Schlafsack musste sich bei -7 Grad Celsius bewähren. Ich wanderte durch schaurige dunkle Urwälder, durch lichte Kiefernhaine, durch wüstenähnliche Hochebenen, durch tiefe Canyons, über felsige Berggipfel und durch schwarze Lavakieswüsten. Unvorstellbar diese Vielseitigkeit. Und allemal abenteuerlich.





Was mir verwehrt blieb war der Gipfel des mächtigen, über die Insel wachenden Teide, der höchste Berg Spaniens, der Teneriffa dominiert. Die höchste Stelle dieser Tour lag auf 2380 Kilometer Seehöhe und befand sich am Übergang vom Teide Nationalpark zum Abstieg auf das Dorf Vilaflor.

Teneriffa eine Insel der Vielfalt und der extremen Gegensätze. Eine europäische Perle und Rarität.






La Gomera


Kurz vor der Hafeneinfahrt von La Gomera ließ die Fähre ihr Horn ertönen, so als wolle sie uns, eine handvoll Passagiere, ankündigen. Bei aller Vorfreude die aufkam, war mir dennoch der Abschied vom sonnigen Süden Teneriffas und seiner Unbeschwertheit schwer gefallen.

Aber jetzt war ich hier. Angekommen auf einer der Kanaren Inseln die für mich etwas Unbekanntes, ja fast schon Mystisches darstellte. Von Teneriffa aus sichtbar aber meist von Wolken und Dunst verhüllt. Erzählungen über La Gomera waren häufig mit Superlativen verbunden. Was wird mich dort erwarten, fragte ich mich. Schon bei der Anfahrt war erkennbar: Diese Insel ist wie jede der Kanarischen Inseln wieder etwas Besonderes und Einzigartiges. Das zeigte sich schon am Hauptstädtchen San Sebastian de La Gomera mit seinem ganz speziellen Charm.





Man hatte das Gefühl als wäre es ein Treffpunkt für Abenteurer und Aussteiger. Es war auch tatsächlich so, dass trotz der geringen Zahl an Passagieren, bereits auf der Fähre auffiel, dass der Anteil der Personen, die mit großen Rucksäcken und Wanderschuhen unterwegs waren, wesentlich größer war, als auf allen anderen Überfahrten. Der Anstrich des Abenteuers und des Extremen wurde durch die, aktuell in San Sebastian startende, Talisker Whiskey Atlantik Challenge nochmals intensiver. Ein Ruderrennen über den Atlantik, das in dem Städtchen San Sebastian genau an dem Tag startete, an dem ich dort meine Wandertour begann.

Insgesamt machte diese Mischung aus Extremsportlern, Abenteurern und Alternativtouristen, gepaart mit der Beschaulichkeit eines Ortes, der die Charakteristik eines Bergstädtchens hat, diesen ganz besonderen und unbeschreiblichen Charm aus. Es freute mich, das miterleben zu dürfen und ein Teil davon oder vielmehr mittendrin, nicht nur dabei zu sein.

Am nächsten Tag, kurz nach Tagesanbuch, die Sonne ging etwa um 07:30 Uhr auf, startete ich nach einem ausgiebigen Frühstück meine Abenteuertour.


Die Kalorienzufuhr, das sei an dieser Stelle auch erwähnt, ist von großer Bedeutung. Ich verbrauche an den Wandertagen zusätzlich mindestens 2000 Kcal zu meinem normalen Verbrauch. Es gelingt mir selten dieses Kaloriendefizit auszugleichen, weshalb meine Wanderhose auch nur mehr mit einem Gürtel an meinen Hüften zu halten war.

Nach diesem wichtigen Frühstück konnte mich nun nichts mehr halten. Neugier und Vorfreude waren groß. Den 16 Kilogramm schweren Rucksack (inklusive Wasser) umgeschnallt und los ging es. Gleich von Beginn an steil ansteigend, anfangs noch auf den engen Straßen von San Sebastian, dann auf schmalen Gravelroads und später auf schroffen Wandersteigen. Stetig bergauf nur ganz selten kurze Abstiege, die aber sofort wieder wettgemacht werden mussten. Noch in Küstennähe, war das Land karg. Je weiter ich ins Landesinnere kam umso grüner und vielfältiger wurde die Vegetation und umso dichter und dunkler wurden die Wolken. Manchmal war ich von einer Art leichten und ganz feinen Sprühregen umgeben der angenehm kühlte, mich aber nicht durchnässte.

Unwirkliche Felsformationen, Palmen, Kakteen, mir gänzlich unbekannte Sträucher und Bäume umgaben mich. Die Vegetation wurde immer dichter und irgendwann befand ich mich mitten im Zwielicht eines Regenwaldes mit moosbewachsenen Bäumen, hoher Feuchtigkeit und unbeschreiblichen Vogelgezwitscher. Wunderschön und nicht von dieser Welt. Ich war glücklich. Ein unbeschreibliche Gefühl.





Am höchsten Berg von La Gomera, dem Alto de Garajonay auf 1487 Meter Höhe, schlug ich mein Zelt in der Dunkelheit auf. Es war bereits sehr kalt und ich war froh, als ich in meinen Schlafsack schlüpfen konnte und schlief trotz der frühen Abendstunde (es war 19:00 Uhr) sofort ein. In der Nacht wurde ich gegen 02:00 Uhr munter. Wie immer ließ ich diese Gelegheit nicht aus um den unglaublichen Sternenhimmel zu betrachten. Der schmale Mond war bereits untergegangen und es gab weit und breit keine künstliche Lichtquelle. Fantastisch! Das muss man gesehen haben! Eine unglaubliche Fülle an Sternen und Lichtschleier, die vermutlich von anderen Galaxien stammen. Wie klein wir Menschen doch sind.

Mehrere Vorboten des angekündigten Meteorschauers der Geminiden, der eine Nacht später seinen Höhepunkt fand, konnte ich auch beobachten. Ebenso war der auf La Palma ausgebrochen Vulkan Cumbre Vieja erkennbar. Ein roter Fleck am nächtlichen Horizont. Die Kälte trieb mich zurück ins Zelt und ließ mich erneut in einen tiefen Schlaf fallen.


Nach einem traumhaften Sonnenaufgang über der Wolkendecke, die den Nordwestlichen Teil der Insel bedeckte, ging es mit Sack und Pack weiter.





Es war ein ständiges auf und ab. Nicht sehr überraschend bei der Topografie von La Gomera. Und es machte trotz der Anstrengungen großen Spaß. Der Rest der Tour verlief immer wieder durch kleine Ortschaften und aufregende Landschaften. Einfach wunderschön.

Wie kann man so viele einzigartige Eindrücke und Erlebnisse in so kurzer Zeit verarbeiten?


Trotz der langsamen Fortbewegung ging mir alles viel zu schnell. Ich stürzte von einem Highlight ins nächste. Ich kam mir vor wie in einem Wunderland mit strahlend blauen Himmel.

Nach 41 Km und 2100 Höhenmetern kam ich in Vallehermoso, dem Ziel meiner Tour an. Ein öffentlicher Bus brachte mich mit einer einstündigen, spektakulären Fahrt zurück nach San Sebastian. Dort vergönnte ich mir noch einen Badetag und schrieb diese Zeilen am beinahe menschenleeren schwarzen Sandstrand während ich die Sonne genoss.

Die letzte halbe Stunde, bevor ich am nächsten Tag zum Fährhafen marschierte, verbrachte ich, noch in der Dunkelheit der zu Ende gehenden Nacht, in einem der wenigen bereits offenen kleinen Cafés. Ein Sammelpunkt für jene, die sich vor ihrem Tagewerk noch einen Espresso vergönnten. So saß ich unter den spanischen Frühaufstehern bei bereits angenehmen Temperaturen in der Dämmerung und dachte mir: Das Leben ist schön!



La Palma


Wie bereits in vorangegangenen Beiträgen erwähnt, folgte mein Abenteuer einem ganz speziellen Wanderweg, dem GR 131. Er verläuft durch alle sieben Kanarischen Inseln und ist gleichzeitig der Start des Europäischen Weitwanderweges E7, der Abenterlustige bis nach Rumänien führt und in Zukunft sogar bis zum Schwarzen Meer ausgebaut wird.




Der Abschnitt dieses Wandertrails durch La Palma, oder Isla Bonita, wie Einheimische die Insel liebevoll nennen, wäre mit Sicherheit ein weiteres Highlight auf meiner Liste der unvergesslichen Erlebnisse geworden. Leider verläuft er, beginnend von der Südküste der Insel (Faro de Fuencaliente), genau durch das, vom ausgebrochenen Vulkan Cumbre Vieja betroffene Gebiet im Landesinneren Richtung Westküste (Puerto Tazacorte). Eine Begehung war erwartungsgemäß nicht erlaubt und durch die von Lavaströmen verwüsteten Gebiete und auch durch die Luftverschmutzung des immer noch rauchenden Vulkans auch unmöglich. Ich hoffe, dass den dortigen Bewohnern nun weitere Ausbrüche erspart bleiben. Seit einigen Tagen schläft Cumbre Vieja wieder. Geblieben sind die Rauchschwaden aus dem Krater.

Auch außerhalb des Sperrgebietes erinnert auf Straßen und Wegen schwarzer Lavastaub an die vergangenen Eruptionen.

Trotz der dramatischen Ausnahmesituation in der sich die Insel und ihre Bewohner befanden, gab es bei der Anreise keinerlei Schwierigkeiten. Die Fähren fuhren alle planmäßig und ich kam gemeinsam mit 20 Reisenden auf dem von Armas betriebenen riesigen Fährschiff "Volcan de Taburiente", das für 1500 Passagiere gebaut wurde, ungehindert auf der Isla Bonita in Santa Cruz an.

Gezwungenermaßen suchte ich nach Alternativen zu meiner Wanderroute und wählte den Camino de la Costa, der allerdings nur an der Nordküste zugänglich und von den Einschränkungen nicht betroffen war.





Ich wurde auf meiner Reise oft gefragt: Welche Insel hat Dir am Besten gefallen? Nun ja, ich hatte und habe Schwierigkeiten damit, die Inseln miteinander zu vergleichen. La Palma war für mich, wie jede Insel die ich bisher kennenlernte, einzigartig und wunderschön. Besonders angetan hatten es mir die tiefen, dicht bewachsenen Canyons. Jetzt, beim Schreiben bekomme ich Gänsehaut. Tiefe enge Schluchten, die es galt hinabzusteigen und auf der gegenüberliegenden Seite wieder zu erklimmen. Hänge mit saftigem Grün obwohl sie die Sonne in den unteren Bereichen nur selten erreichte. Überall rannen kleine Rinnsale von den steilen Wänden. Fantastisch und gleichzeitig auch schaurig.

Auffällig und eine Besonderheit der Insel war auch die intensive Landwirtschaft im Nordosten. Bananenplantagen soweit das Auge reichte.

Mein Resümee: La Palma verbinde ich mit einer umweltbedingt stark eingeschränkten Wanderung auf einer wunderschönen grünen Insel, die sicherlich noch viel mehr zu bieten hätte. Aber ich komme wiederund werde den El Baston, so wird der GR 131 auf La Palma genannt, bewältigen. Angeblich eine der spektakulärsten Sektionen dieses großartigen Abenteuers.



El Hierro


Ich habe vor einiger Zeit in einer Diskussion behauptet die Insel El Hierro sei ein Geheimtipp und werde total unterschätzt. Daraufhin erhielt ich zum Teil berechtigte Kritik von Diskutanten. In diesen kritischen Entgegnungen hieß es unter anderem, El Hierro sei leider schon längst kein Geheimtipp mehr und von einer Unterschätzung könne keine Rede sein. Jeden Sommer werde das Eiland von Touristenmassen überrollt, die nicht mehr bewältigbar wären.



Ich kann die Situation im Sommer nicht beurteilen und mir auch vorstellen, dass eine andauernde Touristenschwemme, trotz des sehr erfreulichen Geldsegens für die kleine Insel und deren Einwohner nur schwer verkraftbar wäre. Als ich dort ankam, war es allerdings sehr still, beschaulich und weihnachtlich im Hauptort Valverde im Südosten der Insel. Im Zentrum des Örtchens leuchtete als Attraktion ein mannshoher Weihnachtsstern vor dem sich die wenigen Touristen ein Erinnerungsfoto holten. Ich muss schon sagen, die Weihnachtsdekoration gepaart mit den sommerlichen Temperaturen wirkte auf mich schon ein wenig befremdlich und dennoch spürte ich den Geist des bevorstehenden Weihnachtsfestes. Aus Lautsprechern klang besinnliche Musik, es hatten nur wenige Lokale geöffnet und durch den frühen Sonnenuntergang war der Ort ab den frühen Abendstunden beinahe wie ausgestorben. Eine tolle Abendstimmung mit aufgehenden Beinahe-Vollmond über dem Meer, im Hintergrund Gomera und Teneriffa, rundete meine Stimmung ab und machte den Tagesabschluss perfekt.

Auch hier, an diesem Ort, überkam mich, ähnlich wie in San Sebastian de La Gomera, ein tiefes Gefühl von Ruhe, Frieden, Freiheit und auch ein Hauch von Wehmut.

Am nächsten Tag startete ich bei strahlendem Wetter von Valverde zum, wie könnte es anders sein, höchsten Punkt der Insel, dem Pico de Malpaso mit seinen 1501 Metern. Je mehr ich ins Landesinnere kam, umso mehr veränderte sich auch das Wetter. Wolken zogen auf, der Wind wurde stärker und durch die zunehmende Seehöhe sanken auch die Temperaturen. Pro 100 Höhenmenter zwischen 0,6 und 1,0 Grad Celsius besagt eine einheimische Faustregel. Am Pico de Malpaso stand ich dann mitten in einer dichten Wolke und von einer guten Aussicht konnte keine Rede sein. Allerdings hatte ich zuvor genug Gelegenheiten, von den lichten Höhen, in denen ich mich befand, auf die tollen Küsten der Insel hinabzublicken. Die Nordküste ist etwas ganz Besonderes. Eine etwa 1000 Meter hohe, steile Felswand umschließt diesen Teil wie ein natürliches Amphitheater. Ein grandioser Ausblick und insgesamt eine sehr beeindruckende Landschaft. Sehr grün, und sehr vielfältig.


Nach einer kalten und feuchten Nacht, machte ich mich, um 5 Uhr früh, bei starkem Wind und nach wie vor schlechter Sicht, der Vollmond schaffte es kaum durch die Wolkendecke, auf den Weg Richtung Faro de Orchilla, einem Leuchtturm am südwestlichsten Punkt der Kanaren und somit auch Spaniens.




Mein Weg führte mich vorbei an der berühmten Kapelle Santuario Nuestra Señora de los Reyes, die absolut einsam auf unbewohnten Gebiet aufgebaut war. Vorbei an Weideplätzen und bewohnbaren, aber leerstehenden Höhlen, wie sie auf den Kanaren des öfteren zu finden sind. 1500 Höhenmeter wieder bergab bis zur Südküste, wo auf mich strahlender Sonnenschein wartete und weiter entlang der Küste am Leuchtturm (Faro de Orchilla) vorbei bis zu einer Stelle, wo Wege und Straßen an der kaum benutzten Schiffsanlegestelle Muelle de Orchilla endeten. Ein überdachtes Shelter mit Sitzgelegenheiten waren mein Platz für die Nacht. Mit einem grandiosen Sonnenuntergang, begleitet von der ständigen Meeresbrandung, endete ein weiterer wunderbarer Tag auf El Hierro.

Die Schiffsanlegestelle, oder genau genommen bereits der Leuchtturm war das offizielle Ende meines 540 Kilometer langen Wanderabenteuer. Allerdings war die Zeit noch nicht gekommen mich auszurasten. Um in einen Ort mit einer Anbindung zum öffentlichen Busnetz zu kommen kamen meine Beine nochmals ordentlich zum Einsatz. 10 Kilometer zurück, auf dem Weg den ich gekommen war, um eine Abzweigung in den nächsten Ort, das Dörfchen Sabinosa zu finden. Das bedeutete nochmals 800 Höhenmeter hinauf und wieder hinunter. Ich muss zugeben, in Sabinosa war ich ordentlich erschöpft. Auch an diesem Tag machte es mir das Wetter nicht leicht. Trotz Regenbekleidung kam ich dort patschnass an. Ich spürte die nachlassende Kraft. Mein Körper wusste, die Wanderung ist zu Ende und wollte endlich rasten. Eine Haltestelle war nicht schwer zu finden und ein Bus brachte mich über Frontera wieder nach Valverde.





Aber zuvor, im Dörfchen Sabinosa, durfte ich das Leben auf der beinahe einzigen Kreuzung des Ortes, wo sich auch die Bushaltestelle befand, miterleben. Diese Kreuzung war nicht nur der Standort der Haltestelle sondern auch Mittelpunkt und Zentrum des sozialen Lebens. Die Einwohner trafen sich dort mit einem Espresso oder einem Bier, besorgt im einzigen kleinen Supermarkt. Unter eifrigen Geplauder fand hier, so hatte ich den Eindruck, in und um die Bushaltestelle das gesellschaftliche Leben von Sabinosa statt. Und ich mittendrin. Jeder Lenker eines vorbeifahrenden Autos, ließ lautstark die Hupe zur Begrüßung ertönen und versuchte sich an den bereits an der Kreuzung geparkten Fahrzeugen vorbeizuschlängeln. Hier war die Welt noch in Ordnung und man fühlte, dass sie sich hier etwas gemächlicher drehte als anderswo.

Ein Abschluss einer abenteuerlichen Wanderung ohne Getöse und Applaus, dafür mit einer sozialen Ursprünglichkeit, wie man sie selten findet. Diese Wanderreise, dieses Wanderabenteuer, war ein Experiment um die Frage, kann durch Reduktion die Qualität im Leben gesteigert werden? Ich möchte diese Frage vorerst offen halten, weil es bei jeder und jedem etwas anders sein wird. Vielleicht sollte man es selbst ausprobieren.

Roland Wiednig


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